Verpackungen begegnen uns überall in unserem Alltag und sind in vielen Bereichen nicht wegzudenken, denn sie erfüllen nützliche und notwendige Funktionen. Sie garantieren den Produktschutz beim Transport und bei Gebrauch. Gleichzeitig erfüllen sie Informations-, Verkaufs-, Handlings- und Dosierfunktion. Bei der Herstellung von Verpackungen entstehen durch Material- und Energieverbrauch jedoch negative Umweltauswirkungen, die es zu minimieren gilt. Und mit dem stetig steigenden Konsum nimmt ebenfalls der Verpackungsmüll zu. Allein im Jahr 2019 fielen laut Umweltbundesamt (UBA) bei privaten und gewerblichen Endverbrauchern 18,91 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Um die Umweltauswirkungen unseres Konsums zu reduzieren, kommt uns als herstellendes Unternehmen als Teil der Gesellschaft eine bedeutende Rolle zu. Denn wir können schon bei der Produktentwicklung festlegen, welche Materialien und wie viel davon eingesetzt werden. Daher stellen wir uns immer wieder die Fragen: Wie können wir anfallenden Verpackungsmüll bei unseren Produkten reduzieren? Welche Verpackung ist wann sinnvoll und wie können wir Produktverpackungen nachhaltiger gestalten?
Unsere Strategien, Verpackungsmaterial einzusparen und zu optimieren, entwickeln wir nach den REWE Group-Leitlinien für umweltfreundlichere Verpackungen ständig weiter. Dabei setzen wir auf die drei Prinzipien „Vermeiden, Verringern und Verbessern“. Diese Prinzipien sind in eben dieser Reihenfolge priorisiert, denn am ökologisch sinnvollsten ist der Verzicht auf Verpackung und damit die Vermeidung von Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen.
Vermeiden
Bei diesem Prinzip dreht sich alles um das Weglassen von Verpackungsbestandteilen, und dort wo es ohne Qualitätseinbußen möglich ist, den Einsatz von unverpackter Ware.
Verringern
Hier achten wir auf die Reduktion der Dicke und Größe der Verpackung, auch unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Verpackung und Produktvolumen und die Eliminierung von Leerräumen. Darüber hinaus können unnötige Umverpackungen oder Umhüllungen wie Folien vermieden werden, indem wir zum Beispiel Aufkleber verwenden.
Verbessern
Bei Verpackungsverbesserungen widmen wir uns vor allem der Aufgabe Monomaterial einzusetzen, d.h. Kunststoffe aus nur einer Kunststoffart wie reines PP. Auch Aufkleber und Etiketten werden möglichst aus dem gleichen Material wie das Hauptmaterial der Verpackung gefertigt. Darüber hinaus werden Verpackungen optimiert, indem Sekundärrohstoffe wie Post-Consumer-Rezyklat oder Recyclingpapier eingesetzt werden.
Damit unsere Bestrebungen, umweltverträgliche Verpackungen zu entwickeln, Hand und Fuß haben, ist es wichtig Verpackungsoptimierungen auf fundierte Daten und Expertenwissen zu stützen. Aus diesem Grund arbeiten wir bei toom mit den Experten für nachhaltige Verpackungslösungen von C.E. Schweig zusammen. Wir haben mit der Diplom-Ingenieurin Carolina E. Schweig über die Nachhaltigkeit von Verpackungsmaterialien, Recycling und auch darüber gesprochen, woran man nachhaltigere Verpackungen erkennen kann.
Die Diplom-Ingenieurin Carolina E. Schweig ist Verpackungsexpertin mit dem Fokus Nachhaltigkeit. Sie blickt auf mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Verpackungsentwicklung zurück. Schon während ihres Studiums der Papier- und Kunststofftechnik in München entdeckte Carolina Schweig ihre Leidenschaft für Verpackungskonzepte. In ihrem Ingenieursbüro entwickelt sie heute ressourcenschonende, recycelbare Verpackungslösungen und berät Unternehmen wie toom Baumarkt bei der Umstellung auf nachhaltige Verpackungen.
Frau Schweig, Kunststoff ist ein in der Verpackungsindustrie viel genutztes Material. Warum ist es so beliebt?
Kunststoff lässt sich relativ einfach in unterschiedlichste Formen, Größen und damit Verpackungen umwandeln. Dadurch sind Kunststoffe für die unterschiedlichsten Verpackungsaufgaben einsetzbar und finden ihren Einsatz in Standbeuteln, Eimern, Bechern, in Verschlüssen und vielem mehr. Zudem ist Kunststoff relativ leicht im Einsatzgewicht für die Aufgaben, die es ausführt und erfüllt viele Funktionen, wie Wasserdichtigkeit, Aromaschutz, Durchstoßfestigkeit oder Fettdichtigkeit. Und Kunststoffe sind gut recyclebar – zumindest diejenigen, die überwiegend in der Verpackung eingesetzt werden.
Sind alternative Materialien wie Glas oder Papier umweltverträglicher als Kunststoffverpackungen?
Als Einwegverpackung tun sich die unterschiedlichen Materialien nicht viel. Im Gegenteil: Gläser sind bezüglich ihres Bruchverhaltens und ihres Gewichts häufig noch ungünstiger, insbesondere wenn die Produkte über weite Strecken transportiert werden müssen. Und die Papierherstellung ist ein chemischer Prozess, der in einigen Gegenden der Welt durchaus negative Auswirkungen auf Trinkwasser, Wasserhaushalt und Flächennutzung hat.
Es gibt kein gutes Material und kein schlechtes Material. Sinnvollerweise betrachtet man die gewünschten und benötigten Funktionen und entscheidet dann, mit welchem Material = Packstoff die Funktionalität mit dem geringsten Umweltimpakt zu realisieren ist. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass wir sowohl die Herstellung des Rohstoffes, die Verarbeitung zur Verpackung, den Gebrauch und das End-of-Life in diese Bewertungen miteinbeziehen. Konkret heißt das, dass ein Papier ausgestattet mit einer Nassfestausrüstung oder einer dickeren Kunststoff-Wachsung – und dadurch nicht so einfach recyclefähig ist –, in seiner Bewertung durchaus schlechter abschneiden kann, als eine dickenoptimierte Monofolie.
Nachhaltigkeit heißt nicht, eine Kunststoffverpackung wird durch eine Papier- oder Glasverpackung ausgetauscht. Es geht um wirkliche Nachhaltigkeit, die den Impakt auf allen Wertschöpfungsstufen im Auge behält und so weit wie möglich reduziert. Dabei spielen Recyclefähigkeit und der sinnvolle Einsatz von Rezyklat und erneuerbaren Rohstoffen eine große Rolle.
Gibt es andere vielversprechende Materialen, die zukünftig eine größere Rolle in der Verpackungsindustrie spielen könnten?
Ja, wir werden uns in allen Bereichen mit mehr Recycling, Altstoffen, Rezyklat, aber auch mit Alternativen aus sogenannten biogenen Reststoffen beschäftigen müssen. Der Weltressourcentag zeigt uns ja jedes Jahr, dass unser Konsum – auch bei Verpackungen und Packstoffen – weit über das hinaus geht, was wir von der Erde bekommen können. Das bedeutet, wir müssen auch unsere Abfälle besser nutzen und auch Technologien voranbringen, die aus schädlichen Klimagasen nützliche Materialien schafft. Auch bei unserem hohen Papier- und Pappenkonsum werden wir nicht umhinkommen, zusätzlich Quellen zu nutzen, die schneller wachsen und den Boden weniger auslaugen. Anders ist langfristig auch ein reduziertes Niveau nicht zu halten.
Ein Teil Ihrer Arbeit besteht in der Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung verschiedener Materialien und Verpackungen. Welche Faktoren spielen bei einer solchen Bewertung eine Rolle?
toom legt bei Verpackungen insbesondere Wert auf Verringerung von Treibhausgasen, hohe Recyclefähigkeit (berechnet in Prozent), Verringerung der eingesetzten Ressourcen und wo möglich Einsatz von Rezyklat/ Altstoff bzw. Alternativrohstoffen.
Wie lässt sich die Wiederverwertbarkeit von Verpackungen verbessern?
Die Wiederverwertbarkeit hat sowohl im deutschen Verpackungsgesetz wie auch in der Circular Economy hohe Priorität. Bei dem Begriff Wiederverwertbarkeit müssen wir die beiden Rubriken Mehrweg und Recycling unterscheiden.
Da beim Mehrweg-Einsatz einer Verpackung der mit ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch verbundene Umweltimpakt auf mehrere Gebrauchszyklen umgelegt wird, ist dies die umweltfreundlichere Verpackung. Bedingung dafür sind jedoch hohe Rückführquoten und geringe Beschädigungsquoten. Studien zeigen, dass beim Mehrweg-System die Rückführquoten den größten Impakt ausmachen. Das bedeutet: Ohne Kunden, die bereit sind sich auf Mehrweggebinde einzulassen und diese auch wieder zum Inverkehrbringer zurückbringen, funktioniert das Prinzip nicht und Mehrweg ist dann weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll.
Sprechen wir über das Thema Recycling, so geht es prinzipiell darum, Monomaterialien einzusetzen, für die ein Stoffstrom existiert und „Störstoffe“ für die Wertstoffströme zu vermeiden. Diese Störstoffe sind z.B. andersartige Etikettenmaterialien als die Verpackung. Zudem sollten Bedruckung und Lacke so gering wie möglich eingesetzt werden. In einem zweiten Blick geht es darum, sich mit dem Mindeststandard zu beschäftigen und auch wenn ein Verbundmaterial das Packmittel der Wahl sein sollte, darauf zu achten, dass möglichst viel der eingesetzten Rohstoffe recycelt werden können.
Welche Verantwortung tragen Unternehmen hierbei?
Beim Thema Nachhaltigkeit kommt auf die Unternehmen, also die Brand Owner, die entscheidende Rolle des Richtungsgebers und Moderators zu. Die Brand Owner bringen alle Wertschöpfungskettenpartner an einen Tisch und sorgen mit ihren Zielvorgaben dafür, dass die Verpackungen mit dem geringsten Impakt das Optimum an Funktionalität erreichen.
Das ist eine komplett andere Rolle als die von vor einigen Jahren noch, in der man sich irgendwelche Verpackungen aus Stoffen, die nicht weiter definiert waren, liefern ließ. Heute muss bei der Rohstoffherstellung von Verpackungsmaterial sowohl auf den Ressourceneinsatz und den Ausstoß von Klimagasen geachtet werden, wie auch eine gute Recyclefähigkeit garantiert werden. Selbstverständlich sollen die Rohstoffe nicht mehrmals um den Globus transportiert werden, und alle üblichen Verpackungsanforderungen optimal erfüllen.
Die Herausforderungen dabei sind die Komplexität des Themas Nachhaltige Verpackungskonzepte, unterschiedliche Sichtweisen und Umgang mit Schadstoffen, sowie unterschiedliche gesetzliche technische Rahmenbedingungen weltweit. Dafür braucht man das entsprechende Know-how.
Zwar ist eine nachhaltigere Verpackung bei vielen Verbrauchern inzwischen ein kaufentscheidendes Kriterium, aber gleichzeitig ist es ein undurchsichtiges Thema. Woran können Verbraucher eine nachhaltigere Produktverpackung erkennen?
Prinzipiell ist es schwierig für Verbraucher zu erkennen, welche Verpackung besser ist. Ein paar Indizien gibt es aber schon: Verpackungen, die bei gleichem Füllgewicht deutlich größer und schwerer sind, verbrauchen meistens zu viel Ressourcen. Beutel und Tüten, bei denen die Siegelnähte deutlich größer sind als 2 cm, bei denen ggf. die Rückennaht noch einmal deutlich größer sind und die dann mehrfach eingeschlagen sind, bedeuten Verschwendung von Rohstoffen und sorgen im schlimmsten Fall auch noch für einen früheren Verderb von Produkten.
Schwarzer Kunststoff soll Obst und Gemüse leckerer aussehen lassen, sorgt aber dafür, dass das Rezyklat entweder gebleicht werden muss, oder verbrannt. Auch bei Papier sind vollflächig dunkelbedruckte oder durchgefärbten Varianten wenig ökologisch, da alles was auf Papier gedruckt wird im Recycling wieder aufwändig herausgewaschen werden muss.
Bei Folienbeuteln zeigt ein Recyclingsymbol mit HDPE, LDPE; PP an, dass der Beutel einen Recyclingstrom hat. Ist im Recyclingsymbol ein o = others, wird es mit dem Recycling schwieriger. Multipacks, in denen in einem großen Beutel sehr viele kleine Beutel eingepackt sind, mögen in Corona-Zeiten sinnvoll erscheinen, sind aber nicht nachhaltig – auch nicht, wenn alle Beutel aus Papier bestehen.
Refill-Verpackung insbesondere aus Monofolien sind meist nachhaltiger als immer wieder neue Flaschen und Sprühköpfe mit ein wenig Produkt zu kaufen.
Haben Sie Tipps für Verbraucher, worauf sie beim Einkauf achten können?
Zunächst die Dinge aus der vorherigen Antwort zu berücksichtigen. Und indem der Verbraucher auch seinen Beitrag zu einem nachhaltigen Umgang mit unseren Produkten und Verpackungen leistet, indem er seinen Müll richtig trennt, Verpackungen in ihre trennbaren Einzelteile zerlegt und diese dann in die entsprechende Sammlung gibt.
Für biologisch abbaubare Kunststoffe gibt es übrigens in Deutschland keine Entsorgungsströme. Und biologisch abbaubare Folien gehören nicht in die Landschaft, da sie sich dort nicht abbauen.
Liebe Frau Schweig, vielen Dank für das Gespräch.